„Oh, schau mal, wie lieb!“ Meine Freundin deutet auf einen kleines, weißes Kästchen, das unauffällig an der Wand des Mädchenklos hängt. „Feenkästchen für DICH, weil du ein Mädchen bist“, steht darauf. „Menstruationsartikel“ Und als Absender: „SV“.
Es ist wirklich lieb. Jeder, der schon einmal vergeblich nach einer Binde oder einem Tampon gesucht hat, muss sich (zumindest im Geheimen) darüber freuen. Mädchen und Frauen bekommen ihre Tage – ihre Regel, ihre Periode, ihre Menstruation oder in Esoteriker-Kreisen: ihr Mondblut – einmal im Monat. Fünfunddreißig Jahre lang. Vier bis sieben Tage. Seit Anbeginn der Zeit. Trotzdem wurde erst Anfang 2020 die Mehrwertsteuer der Menstruationsartikel von 19% für Luxusgüter auf 7% für täglichen Bedarf gesenkt. Und trotzdem habe ich nicht erwartet, hier Notfall-Binden zu finden.
Also wird einmal in das Feenkästchen hineingelugt. Drei Packungen Tampons und eine Packung Binden der Marke Einhorn breiten sich in dem weißen Rechteck aus. Allein für die Auswahl des schrägen Packung-Designs müsste schon ein Orden vergeben werden.
Hier ein paar Fakten über die kleinen Kästchen: Sie hängen seit dem 26 März dort ab und wurden von der Schülervertretung organisiert. Die Tampons bestehen zu 100% aus Bio-Baumwolle, sind chlorfrei gebleicht, vegan und cruelty free. Die Binden bestehen zu 77% aus Bio-Baumwolle und zu 24% aus Plastik auf Maisbasis. Damit wirbt Einhorn auf seiner Webseite.
Die SV hat es also nicht nur geschafft, kostenlose Menstruationsartikel zur Verfügung zu stellen, sie hat auch sichergestellt, dass diese der Umwelt so wenig wie möglich schaden.
Jetzt könnte man argumentieren, dass die Feenkästchen zwar gut gemeint sind, aber eigentlich vollkommen unnütz, weil man eigentlich immer etwas Derartiges dabei hat. Eigentlich macht auch jeder seine Hausaufgaben und schreibt in der Arbeit nicht vom Nachbar ab.
„Momentan ist das noch ein bisschen in der Probephase, weil wir gar nicht wussten, wie das angenommen wird“, erzählt Eva von der SV. „Die Nachfrage war jetzt schon relativ hoch und wir mussten nach fast zwei Wochen nachfüllen.“ Das zeigt doch nur, wie sehr die Feenkästchen gebraucht werden. Normal muss man, hat man mal keine Binden oder Tampons zu Hand, im Freundeskreis nachfragen (kann auch schon mal peinlich werden, immerhin sind Tage noch immer ein Tabu-Thema – auch unter Freundinnen) oder Klopapier nutzen. Und bei Klopapier verschätz man sich leider oft. Zu viel ist nicht wirklich schlimm, aber zu wenig bedeutet, dass es auf die Unterhose durchblutet. Das ist zwar nicht so ekelhaft, wie man vielleicht denken würde, aber auf jeden Fall ärgerlich.
Lobenswert ist auch – und vor allem – im Neubau, wo die Kleinen ihre Klassenräume haben, ein Feenkästchen aufzuhängen. Zwar könnte man sagen, dass die es nicht so dringend nötig haben, da der Großteil von ihnen noch vor der ersten Periode steht, aber eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Sie haben sich noch nicht daran gewöhnt, immer – oder so gut wie immer – Menstruationsartikel zur Hand zu haben. In dem Gebäude lernen Kinder von 10 bis 13 Jahren – genau der Zeitraum, indem man zum ersten Mal seine Tage bekommt und die kostenlos zur Verfügung stehenden Binden und Tampons doppelt so nötig hat.
In den Märchen gehören gute Feen gerne zu den Helferinnen der Heldin. In diesem Fall bekommen wir mit dem Feenkästchen kein Ballkleid und auch Todesflüche werden nicht aufgehoben, aber es ist doch ein freundlicher Helfer im täglichen Leben und eine Erinnerung, dass unser Menstruationsblut vollkommen in Ordnung und normal ist.
Mein einziger Tipp an die SV wäre jetzt, das Kästchen noch ein wenig zu dekorieren. Vielleicht ein paar Herzumrisse in rotem Filzstift. Aber das ist natürlich Geschmackssache und zu kitschig soll es ja auch nicht werden.
Hannah 19.04.2021