„Phantásien ist grenzenlos!“
Ich muss zugeben, dass ich ein wenig kritisch war, als eine Reiterfreundin mich fragte, ob ich Samstagabend Lust habe, nach Eußerthal zu kommen und einer Theateraufführung der „Unendlichen Geschichte“ zuzusehen. Sie selbst spiele darin mit.
Ich bin gekommen, habe mich in die Zuschauerreihen gesetzt und zugesehen. Es war phänomenal!
Ich glaube, ich muss jetzt ganz sachlich berichten, was vorgefallen ist und wie, sonst schreibe ich verwirrend unzusammenhängende Sätze und erinnere mich vollkommen aus dem Kontext an Szenen, die erst viel später drankommen: Von kleinen Kindern bis zu ihren Eltern spielte eine Theatergruppe aus Ramberg vor.
Der ersten Charakter, dem wir begegnen, ist natürlich Bastian Balthasar Bux, dem beim Frühstück liest – sehr verständlich, wie ich meine. Auf dem Schulweg flieht er vor seinen Klassenkammeraden in einen Buchladen, dessen Besitzer erst einmal eine lange Rede darüber hält, wie er Kinder nicht leiden kann und dann anfängt zu telefonieren. Während der Alte beschäftigt ist, stiehlt Bastian sein Buch, flieht und beginnt es zu lesen. Nun beginnt die Unendliche Geschichte.
Wir finden uns in Phantásien wieder – dem Land, das aus den Träumen und Hoffnungen der Menschen besteht. Doch seine Wesen sind unruhig. In allen Teilen des Landes ist etwas ausgebrochen. Das Nichts. Es verbreitet sich wie eine Seuche und verschlingt alles in seinem Weg. „Es ist, als wäre man blind.“ (Kleine Zusatzinfo, die im Theaterstück nicht erwähnt wurde: Wer das Nichts betritt, kommt in die Menschenwelt und wird zu einer Lüge, mit denen die Menschen sich langsam zerstören.) Um ihre Hilfe zu erbitten eilen nun immer mehr Bewohner Phantásiens zur ihrer Herrscherin, der Kindlichen Kaiserin. Doch diese ist schwer krank – das ist der Grund, weshalb Phantásien dahinsiecht. Um eine Heilung zu finden wird der junge Atréju ausgeschickt. Waffenlos und mit dem Abzeichen der Kindlichen Kaiserin macht er sich auf den Weg. Er tanzt mit den Schlüpfern, wird von Ygramul gebissen und lauscht dem Trauersang der Uyulála, bis er endlich eine Lösung findet – die leider so unerreichbar ist wie die Sterne, den nur ein Menschenkind kann die Kindliche Kaiserin retten und Menschenkinder gibt es im grenzenlosen Phantásien nun mal nicht.
Dabei ist Atréjus Reise nicht ungefährlich, denn die Macht (im Buch genannt: Gaya, die Finstere Fürstin) hat es sich fest in den Kopf gesetzt, die Menschenwelt zu beherrschen und dafür muss Phantásien sterben. So schickt sie ihren Diener Gmork aus, um Atréju zu töten.
Und während Bastian liest, wird er immer tiefer in die Geschichte hineingezogen – bis er sich schließlich selbst in ihr wiederfindet.
Für alle, die das interessant finden, am Samstag den 18 September um 18 Uhr wird es nochmal in Ramberg aufgeführt.
Soviel zum Plot, jetzt zu der Ausführung:
Zu jeder Szene wurde eine neue Musik gespielt. Ich liebe es, wie viele Charaktere durch einen Tanz dargestellt wurden. So zum Beispiel die Uyulála, deren trauriges Lied von dem Heilmittel für die Kindliche Kaiserin berichtet. Sechs Schauspieler in sanften Blautönen mit fließenden Tüchern stellten sie da. Die Choreographie der Riesenspinne Ygramul war atemberaubend. Das Irrlicht sprang in glitzernder Kleidung geschmeidig durch die Zuschauerreihen. Als die Schlüpfer zu „Cotton-Eye Joe“ herumhüpften und erklärten, ihr Sinn im Leben sei es, Spaß zu haben, wurde allgemein mitgeklatscht.
Der Auftritt der beiden Urgl, Engywuck und seiner Frau, hat alle zum Lächeln, wenn nicht zum Lachen, gebracht.
Da es nur eine begrenzte Anzahl an Darstellern gab, traten die meisten in mehreren Rollen auf. Dass sie trotzdem schnell von einem Kostüm ins nächste wechselten empfinde ich als sehr löblich. Und als die Finstere Fürstin zum erste Mal erschien war mein erster Gedanke Ich will auch ein schwarzes Kleid mit langer Schleppe, indem ich aussehe, als könnte ich die Welt beherrschen!
Allgemein muss ich sagen, dass mir die Finstere Fürstin und ihr Diener besonders gut gefallen haben. Gmork unterwürfig, die Fürstin erfüllt von Macht und dunkler Würde.
Und da ich die Bösewichte gepriesen habe, sind nun wohl die Helden dran: Bastian, Atréju und der Glücksdrache Fuchur. Bastians Schock darüber, dass er ein Buch gestohlen hat, seine Ungläubigkeit, dass die Unendliche Geschichte doch mehr ist als nur eine Geschichte… die Emotionen waren greifbar. Fuchurs positive Ausstrahlung, wie sie einem Glücksdrachen gebührt, und der Kampf zwischen Atréju und Gmork unterm Stroboskop wurden fantastisch dargestellt.
Zugegeben, das Buch ist lang (428 Seiten) mit einer umfangreichen und komplizierten Handlung. Deshalb ist es für mich vollkommen verständlich, dass nur die Hälfe des Buches vorgespielt wurde (im Film wurde es ähnlich umgesetzt, allerdings mit einem Ende, das einen weiteren Teil unmöglich macht). Insgesamt kann man die Unendliche Geschichte in zwei Teile gliedern: Bastians Gesichte, bevor er Phantásien betritt und danach. Vorgespielt wurde (logischerweise) der Erste.
Alles in allem kann ich Darsteller, Kostüm und Umsetzung nur loben und empfehle es wärmstens weiter.
Hannah