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Mobbing ist immer wieder ein großes Thema im Schulleben, doch trotz aller Mühe kommt es immer wieder vor. Was also ist Mobbing, was wird dagegen empfohlen und wieso wirkt es nicht immer?
Mobbing ist allgemein definiert als wiederholte und über einen längeren Zeitraum passierende negative Handlungen von einem oder mehreren Leuten (in unserem Fall: Schüler:innen). Diese Definition ist so allgemein, dass sie uns fast nicht weiterhilft. Dafür gibt es die verschiedenen Arten des Mobbings.
Bei Mobbing gibt es immer jemanden, der gemobbt wird, und jemanden (oder meistens mehrere Personen), der:die mobbt. Um diesen Artikel leserlicher zu machen werde ich hierzu nur „das Opfer“ und „der Täter“ sagen.
Verbales Mobbing besteht aus direkten Beleidigungen des Opfers, die ein Täter ihm zuweist. Negative Kommentare über das Aussehen, die Intelligenz, die Interessen des Opfers oder manchmal auch neutrale Kommentare mit einem bösen Kern. Von Mitschüler:innen beleidigt wurden wir alle schon - wenn du dir solch eine Situation vorstellst: jeden Tag, mehrfach, über mehrere Tage hinweg, hast du Verbales Mobbing. Hierfür müssen Opfer und Täter nicht einmal im Gespräch sein, es reicht aus, negative Kommentare über den Schulgang oder durch den Klassensaal zu rufen.
Körperliches Mobbing ist, wie der Name sagt, Mobbing durch physische Gewalt. Hierzu zählt Schubsen, Anrempeln, das Bein stellen und in extremeren Fällen auch Verprügeln. Der Täter zeigt das Machtverhältnis zwischen ihm und dem Opfer, um sich selbst als den Starken zu ernennen. Häufig sind Täter schlau genug, keine offensichtlichen Zeichen von Gewalt zu hinterlassen, wie offene Wunden es wären.
Die vielleicht am häufigsten vorkommende Art des Mobbings ist das nonverbale Mobbing. Es geht dabei nicht nur um ständiges Lästern, sondern auch die Mimik, die dabei benutzt wird. Der Täter rollt zum Beispiel jedes Mal die Augen, wenn das Opfer etwas sagt, stöhnt laut und wirft ihm wütende, böse oder schadenfrohe Blicke zu. Wie beim verbalen Mobbing ist es nicht nötig, dass Opfer und Täter im Gespräch sind. Vor allem nonverbales Mobbing besteht daraus, dass es hinter dem Rücken des Opfers passiert.
Soziales Mobbing läuft nach einem ähnlichen Prinzip ab, nur dass dies innerhalb einer Freundesgruppe passiert. Der Täter macht es sich zu Ziel, das Opfer aus seinem sozialem Umfeld auszuschließen. Dazu gehört es, das Opfer nicht mit zu Gruppenaktivitäten einzuladen, Gespräche abzubrechen, sobald das Opfer dazukommt oder Gespräche des Opfers und anderer Leute, ob in der Freundesgruppe oder nicht, mit Absicht zu sabotieren, z.B. durch ständiges Ins-Wort-Fallen.
Sexuelles Mobbing kommt so sowohl physisch als auch verbal vor. Anfassen, sexuelle Kommentare, wie auch unangebrachte Kommentare über sexuelle Orientierung sind alle ein Teil von sexuellem Mobbing. Wie bei verbalem und körperlichem Mobbing ist diese Art meistens direkt.
Als Letztes gibt es Cyberbullying, ganz leicht: das englische Wort für Mobbing übers Internet.
Cyberbullying kann verbales, nonverbales, soziales und sexuelles Mobbing beinhalten. Mit zwei Vorteilen für den Täter: Er ist anonym und er kann alles wieder löschen. Cyberbullying hinterlässt keine sichtbaren Spuren.
Mobbing ist in den meisten Fällen illegal. Lasst uns also mal anschauen, welche Vorgehensweisen für Opfer vorgeschlagen werden.
Mit Lehrerkräften, Eltern oder Freunden reden:
Bei diesem leichten Punkt sehe ich schon mehrere Probleme, und jeder, der schon einmal gemobbt wurde, wahrscheinlich auch. Als Erstes haben nicht alle eine Lehrkraft oder Eltern, mit denen sie sicher und gut reden können oder bei denen das Bescheidgeben etwas bringt. Lehrer:innen reden vielleicht mal mit dem Täter, ändern aber sonst nichts an der Situation. Eltern wenden sich meistens an Lehrer:innen. Ich will hier nicht sagen, dass Lehrkräfte und Eltern nutzlos sind, oft kann es schon helfen, mit jemanden gesprochen zu haben, aber in sehr vielen Fällen bleiben diese Möglichkeiten aus. Auch dass der Täter ein Lehrer ist, ist nicht auszuschließen - und einige solche Fälle werden aufgrund mangelnder Vertrauenspersonen oft nicht gelöst. Dasselbe Problem stellt sich bei häuslicher Gewalt.
Freunde sind in vielen Fällen eine sichere Option, sie können sich mit dem Opfer gegen den Täter stellen. Allerdings nur in Situationen, in denen der Täter das Opfer direkt angreift. Wie wir bereits festgestellt haben, ist das nicht immer so. Gegen nonverbales oder anonymes Mobbing online können auch sie wenig ausrichten. Im Falle von sozialem Mobbing wird zum Beispiel abgeraten, mit dem Täter zu sprechen oder ihn gegenüber anderen Freunden als schuldig darzustellen. Sollte sich eine ganze Freundesgruppe gegen ein Opfer gestellt haben, ist der Vorschlag noch ungünstiger.
Als Letztes zählt die Nachweisbarkeit eine entscheidende Rolle. Glaubt die Lehrkraft dem Opfer, dass es wiederholt herumgeschubst wurde? Glaubt die Lehrkraft vielleicht dem Täter, dass es ein Versehen war? Und wenn man schon dabei ist: Werden Lehrer:innen nonverbales und soziales Mobbing überhaupt als Problem anerkennen? Können sie gegen ein anonymes Gesicht im Internet etwas tun? Oder nur Klassenkameraden bedrohen, sie sollen "sich stellen", bevor es zur Polizei geht? Was, wenn der Täter gar kein Teil der Klasse ist?
Den Täter verantwortlich machen:
„Halt, stop, ich werde gemobbt!“ Über diesen Spruch haben sich schon viele lustig gemacht, einfach weil die Idee, einem Täter zu erklären, dass man nicht verprügelt werden will, lächerlich erscheint. Es kann einiges schiefgehen: Der Täter könnte damit einen erneuten Antrieb von Hass auf einen bekommen; bei nonverbalem und sozialem Mobbing ist es sehr leicht zu sagen, das Opfer bilde es sich nur ein (genau genomen sind diese Arten des Mobbings sogar genau auf diese Situation ausgelegt), und, wie bereits erwähnt, der Täter kann immer behaupten, es wäre nicht seine Absicht gewesen. In den indirekten Arten des Mobbings ist es teilweise unmöglich, den Täter überhaupt in eine Situation zu bringen, in der das Opfer ihn auf seine Taten ansprechen kann.
Nutzlos ist der Vorschlag allerdings nicht. Zum Beispiel kann es bei verbalem Mobbing hilfreich sein, den Täter in eine fürs Opfer sichere Umgebung zu bringen und ihm klarzumachen, dass sein Verhalten nicht geduldet wird. Die Drohung einer Lehrkraft allein kann schon wirken. Sicher ist diese Methode allerdings nicht.
Selbstbewusster werden:
Selbstbewusstsein ist natürlich für den Umgang in allen Situation nützlich. Es kann dabei helfen, den Täter oder Vertrauenspersonen anzusprechen. Wenn man bereits Selbstbewusstsein hat, stören die Wörter eines Täters weniger. Selbstbewusstsein aufzubauen, während dir dauerhaft jemand hinterherruft, dass du dumm bist, ist schwierig.
Ich will nicht bestreiten, dass Selbstbewusstsein wichtig ist und auch in problematischem Umfeld entstehen kann, nur kann es nicht alle Arten des Mobbings auf einen Schlag beenden.
Ein Mobbing-Tagebuch führen:
Auf Anhieb gefiel mir diese Idee sehr gut. Das Opfer hat aufgeschriebene Beweise dafür, was passiert ist. Auch zum Gedankenordnen ist es sehr praktisch. Leider hat es denselben Haken wie der letzte Punkt: Es löst nicht das Mobbing-Problem. Empfehlenswert klingt es trotzdem.
Mit einem Psychologen reden:
Bei jeder Art von Mobbing ist dies hilfreich. Wer eine Lehrkraft hat, der er vertraut, kann sogar einen Termin mit unserer Schulpsychologin ausmachen. In allen anderen Situationen kostet es Geld, und die Wartelisten bei Therapeuten sind länger als dein Leben, obwohl Minderjährige oft vorgezogen werden.
Sich mit anderen Betroffenen verbinden:
In vielen Fällen kann das hilfreich sein. Andere Betroffene sind nicht immer zu finden oder selber bereit, etwas zu unternehmen.
Sich frühzeitig wehren:
Für jedes Opfer, das gerade erst Opfer wurde: Dieser Tipp ist für euch. Wieso stoppt nicht jeder das Mobbing, bevor es richtig beginnen kann? Viele Gründe wurden bereits angesprochen: Fehlende Beweise, fehlende Bezugspersonen, kein direkter Kontakt, zu wenig Selbstbewusstsein. Ich will allerdings noch einen Grund hinzufügen. Dadurch, dass Anti-Mobbing-Programme fast ausschließlich über direktes Mobbing reden, fehlt das Wissen über andere Arten. Opfer, die zwar wissen, dass etwas los ist, aber nicht wissen, dass Mobbing stattfindet, können sich nicht der Mobbing-Hilfe bedienen.
Nicht zurückmobben:
Sich mit negativen Wörtern, Gewalt oder Ähnlichem zu wehren, ist verlockend. Nicht nur um Tätern zu zeigen, wie es ist, gemobbt zu werden oder sie auf ihre Bösartigkeit hinzuweisen, sondern auch bei physischer Gewalt mal zurückzuschlagen. Schließlich baut es darauf auf, dass das Opfer schwächer ist. Aber Mobbing ist, auch gegen Täter gewendet, immer noch Mobbing. Soll der Täter vor Autoritätspersonen bloßgestellt werden, wird man selber bloßgestellt. Auch Selbstverteidigung wird gegen einen selbst benutzt. Aus diesem Grund trauen sich viele Opfer nicht, den Fall ans Licht zu bringen.
Die Polizei oder einen Anwalt ins Spiel bringen:
Persönlich bin ich dieser Methode bisher noch nicht begegnet. Lehrkräfte erinnern einen immer wieder, dass es eine Option ist, während sie allerdings auch zugeben, dass es nicht so weit kommen wird. Ich finde das nachvollziehbar: Niemand will seinen „Ich werde beleidigt“-Fall vor Gericht bringen. Auch hier spielen Vertrauensperson, Geld und Nachweisbarkeit eine große Rolle.
Die Klasse oder sogar die Schule wechseln:
Allen Kontakt mit Tätern abzubrechen, ist eine sichere Art, das Mobbing zu ändern. Dazu gehört auch, den Cybertäter zu sperren oder die App aufzugeben, auf der das Mobbing stattfindet. Schule wechseln ist nichts, das leicht und ohne Aufwand oder Unterstützung der Eltern getan wird. Die Klasse zu wechseln ist eher möglich, aber nicht in allen Fällen, und das Internet aufzugeben hat in heutiger Zeit fatale Folgen.
Zusammengefasst:
Obwohl es viele, auch sehr hilfreiche, Methoden gibt, um Mobbing zu bekämpfen, gibt es keine EINE Anleitung, die in allen Situationen wirkt. Einige Arten von Mobbing wie auch einige Hilfsmittel werden kaum bis gar nicht besprochen. Beide Faktoren bewirken, dass viele Opfer ihre Mobbing-Situation nicht stoppen können.
Dieser Artikel ist an sich keine Anleitung, um aus Mobbing rauszukommen, und ist auch nicht als Kritik an Lehrkräften oder Eltern gedacht. Er fasst mache meiner Überlegungen und Erfahrungen zusammen, wieso Mobbing sehr schwer zu bekämpfen ist und trotz aller Mühen weiterhin zum Alltag vieler Schüler:innen gehört.
Meine Quellen könnt ihr euch hier durchlesen:
https://praxistipps.focus.de/arten-von-mobbing-welche-es-gibt-und-wie-sie-darauf-reagieren_151754 abgerufen am 7.11.2024
https://www.lernen.net/artikel/mobbing-schule-tipps-6498/ abgerufen am 7.11.2024
https://du-doof.org/#mobbing, abgerufen am 7.11.2024
Dorian
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