Dies ist erst der Anfang...
Der Bus schaukelte ihn durch die langen Straßen in Richtung Schule. Gebückt saß er in einem Vierer, neben seinen Kumpels. Seine Augen starrten auf den kleinen Bildschirm in seinen Händen, auf dem ein Avatar, bewaffnet mit Werkzeug und Waffen hektisch durch eine Landschaft lief und Bäume fällte. Seine Daumen wischten links und rechts und kontrollierten das kleine Männchen. Sein Freund neben ihm spielte ein anderes Spiel. Sie alle lachten und redeten über Dinge, die er selbst gar nicht richtig mitbekam.
Er hatte keine Lust auf Schule, die hatte er nie. Eigentlich sollte er den Lehrern zuhören, für die vielen Tests lernen und sich im Unterricht beteiligen. Klar, das machte er auch oft, aber lieber ließ er seine Gedanken darüber schweifen, welche Videos er noch schauen wollte oder wie er das Level in diesem einen Spiel bewältigen könnte.
Nach der Schule, als er zu Hause war, aß er das warme Essen, das auf dem Tisch stand und verzog sich danach in seinem Zimmer. Das Wetter draußen war schön, die Sonne schien, aber er konnte nicht rausgehen, da er ja noch Hausaufgaben machen musste.
Also stellte er seinen Ranzen ab, holte sein Hausaufgabenheft heraus und schlug es auf. Einiges hatte er zu erledigen. Er nahm seinen Block und wollte anfangen, zu rechnen. Achja, der Taschenrechner. Da lag sein Handy schon wieder in seiner Hand. Nur war jetzt die brennende Frage: Sollte er die App des Taschenrechners öffnen oder noch eben ein Video auf TikTok schauen? Ja, ein oder zwei Videos wären doch in Ordnung, danach würde er seine Hausaufgaben fertig machen.
Musik ertönte, ein Junge tanzte dazu und sang den Text mit. Er wischte mit seinem Finger über den Bildschirm und ein weiteres Video lief vor seinen Lidern ab. Zu sehen war ein Text, darauf stand: What I eat in a day. Hunderte Ausschnitte von lecker aussehenden, gesunden Mahlzeiten huschten vor seinem Gesicht vorbei. Nach diesen 12 Sekunden scrollte er erneut weiter und man sah einen Jungen. Bestimmt 16 Jahre alt, braunes kurzes Haar und blaue Augen. Er stand vor einem großen Spiegel und filmte sich mit seinem Handy, was er lässig in der einen Hand hielt. Er trug eine kurze, lockere Hose und ein eng anliegendes, blaues T-Shirt. Im Hintergrund sah man eine grüne Sportmatte und einige Geräte, unter anderem Gewichte. Das kurze Video war auch unterlegt mit Musik. Der Fokus des Videos lag auf den trainierten Oberarmen des Jungen und auf den bemuskelten Bauch den er zeigte, als er sein T-Shirt hochschob.
Er scrollte nicht weiter. Er machte sein Handy nicht aus. Ohne zu blinzeln schaute er es sich wieder und wieder an. Mit dem laufenden Video in der Hand, stand er auf, lief quer durch sein Zimmer und blieb vor dem Spiegel stehen, der seine eigentliche Schönheit wiederspiegelte.
Doch er sah es nicht. Stumm betrachtete er die ,,Fehler” seines Körpers. Er war nicht durchtrainiert, hatte Pickel im Gesicht und aß zu viel.
Doch das Internet würde ihn nicht glücklich machen...
Sie saß aufrecht in ihrem Bett. Augenringe lagen unter ihren Augen. In einer Stunde müsste sie losgehen. Sie hatte noch genügend Zeit für ihre Morgenroutine. Also stand sie auf und machte ihr Bett. Ganz sorgfältig strich sie die weiße Bettdecke glatt und legte ihre sieben Kissen nach Farbe geordnet an das Kopfende.
Ihren Pyjama faltete sie und zog sich an. Dann setzte sie sich auf den Hocker vor ihrem Schminktisch und begann, sich zu schminken. Sie hatte ihr Handy griffbereit vor sich liegen.
Als sie fertig war, legte sie sich Schmuck an, ging runter und machte sich einen Kaffee.
Auf dem schwarzen Display erleuchtete eine von siebenunddreißig Push-Nachrichten. ,,Bestie hat dir einen Snap geschickt”. Lächelnd öffnete sie die gelbe App. Sie öffnete die besagte Nachricht und es erschien ein Bild von dem Gesicht ihrer Freundin. Daraufhin schickte sie ein Selfie mithilfe eines Markanten Filters, der den Hintergrund wärmer machte. Da sie eh gerade ihr Handy angeschaltet hatte, checkte sie alle weiteren Nachrichten und ging zuerst auf Instagram und danach auf TikTok. Jede einzelne Story ihrer Freunde wurde von ihr mehrmals angeschaut und auch die anderer Leute, denen sie folgte. Sie öffnete ihre Gallerie und stellte ein Bild ihres perfekt gemachten Bettes und ein Selfie von ihr vor dem Schminkspiegel, auf dem ihr Gesicht hinter dem Handy versteckt war und ihr gestyltes Haar zu sehen war, in ihre eigene Story und fügte ein Textfeld hinzu auf dem ,,my Morningroutine” draufstand.
In der Schule machte sie im Unterricht mit und bemühte sich mitzukommen, das tat sie wirklich. Auch wenn sie ab und zu heimlich ihr Handy hinter ihrem Mäppchen oder iPad versteckte, um Selfies oder andere Fotos zu versenden.
In der Pause stand sie bei ihren Freundinnen. Zwei von vier Freundinnen hatten feste Freunde in deren Armen, die sich kuschelten.
Während sie sich unterhielten, flog sie wieder durch die digitale Welt und schaute sich Videos an, hauptsächlich von Mädchen, die im Gym waren, gekleidet in enge Sporthosen, die jegliche Kurven betonten und ihr tägliches Training absolvierten. Morgen würde sie auch wieder ins Gym gehen um dabei ihre Fortschritte festzuhalten.
Nach der Schule fuhr sie mit dem Bus an den Bahnhof. Während der Fahrt hielt sie den Kopf gesenkt, Kopfhörer schotteten sie von der Welt außerhalb ab und sie versank gedankenlos im Internet. Wenn eine App ihr zu eintönig wurde, öffnete sie eine weitere oder spielte Spiele, die ihre volle Aufmerksamkeit auf sich zogen, obwohl sie ihr nichtmal leidenschaftlich Spaß machten, dennoch erfüllten sie ihren Job. Stumm flogen die Baumwipfel neben den Straßen an ihr vorbei.
Auf einmal bekam sie eine Nachricht. Komisch, jemand aus dem Bus wollte ihr etwas per AirDrop schicken. Stirnrunzelnd öffnete sie die Datei ...
Hiermit kratze ich ein riesiges Thema an. Diese zwei ausgedachten Geschichten, die sich an meinen Beobachtungen orientieren, sollen nur Beispiele sein. Das ist der erste Teil, da ich nach und nach in weiteren Artikeln weiter in die digitale Welt und vor allem ihre Nachteile eingehen möchte.
Letta
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Lasse (Freitag, 15 Dezember 2023 22:43)
Coole Idee. Ich freu mich schon auf die nächsten Artikel.
Frida (Freitag, 12 Januar 2024)
Ein ernstes Thema gut und anschaulich umgesetzt. Freue mich schon auf den 2. Teil