Der Antisemitismus hat eine unfassbare Geschichte. Sie begann 38 vor Christus im alten Ägypten und ein Ende ist bisher nicht in Sicht. 2021 gab es in Deutschland 3027 polizeilich erfasste antisemitische Delikte. Davon waren 64 gewalttätig! Das sind ungefähr 1000 Delikte mehr als 2020 gezählt wurden. Wird Deutschland immer antisemitischer und radikaler? Kann eine solche Massenvernichtung wie im 2. Weltkrieg ein weiteres mal geschehen? Und woher kommt der Antisemitismus?
Jede dieser Fragen hat eine Antwort, die wir hier finden werden.
Schuljahr 2022/23. Wir schauen eine vierteilige Dokumentation über die Geschichte des Antisemitismus von Arte im Religionsunterricht. Aufgrund des Wissens dieser Stunden sollten wir als Abschluss des Themas die Frage beantworten "Was ist Antisemitismus?". Die Internationale Holocaust Remembrance Allianz definiert Antisemitismus wie folgt:
„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“
Für mich steht aber fest, dass Personen jüdischen Glaubens nur durch ungünstige Ereignisse zum "Feind" wurden, und dass sie eigentlich nur Sündenböcke für die Probleme der Gesellschaft waren/sind. Dass der Antisemitismus eine Erschaffung der Macht ist und zum Werkzeug derer wird, die diese haben oder nach ihr streben. Genau das beweist für mich diese Geschichte des Antisemitismus. Und eigentlich sollte es ihn gar nicht geben, den Antisemitismus. Dennoch existiert er und kann nicht mehr vernichtet werden. Doch warum ist er heute so stark ausgeprägt und prägend? Warum ist er heute ein solches, in meinen Augen, Problem?
Es gibt immer einen Punkt, bei dem alle sagen "Da hat alles angefangen". Meist kann man diesen Punkt nicht genau bestimmen, wie zum Beispiel bei einer Erkältung oder der Liebe. Wann hat das angefangen? In der Geschichte des Antisemitismus kann man nur den ersten Punkt aufführen, an dem sich Kennzeichen dieses Phänomens zeigten. Also wie bei der Erkältung der erste Husten.
Dieses Ereignis fand im Jahr 38 vor Christus statt. Im von den Römern besetzten alten Ägypten hatten Juden:Jüdinnen Rechte. Als einzige Gemeinschaft durften sie in engeren Kreisen ihre Feste feiern. Diese Privilegien wurden ihr Angriffspunkt.
Gerüchte entstanden und es wurde das Wort öffentlich gegen sie gerichtet. Personen jüdischen Glaubens sollten angeblich in ihren Tempeln Menschen töten und mit deren Blut Brot backen.
Als schließlich der Stadthalter dem Mob nachgab, wurde geplündert und gemordet.
Der erste wirkliche Antisemitit unter diesem Mob, war Apion. Schon er schrieb von einer Weltverschwörung der Juden:Jüdinnen.
Mit dem Christentum festigten sich diese Gerüchte.
Allein dass Judas (Übersetzt: Jude) der Todbringer Jesus' war, zeigt den Antijudaismus, der damals herrschte.
Das Christentum stellte den Juden als Feindbild und als Synonym des Bösen dar.
Ist das eigentlich nicht ein Widerspruch? Schließlich ist das Christentum aus den Judentum entstanden.
Nachdem das Christentum durch Constantin dem Großen zur Staatsreligion der Römer geworden war, wurden die Rechte der Juden immer weiter eingeschränkt. Sie durften keine neuen Synagogen mehr bauen und wurden aus Berufsgruppen aussgeschlossen ... Sie wurden zu Bürgern mit einem niedrigeren Rang.
Später, als der Islam sich in den arabischen Regionen ausbreitete, wurden den Christen und den Juden weitere Rechte entzogen, wie zum Beispiel: Sie durften keine Waffen tragen, keine Pferde reiten und mussten ein Erkennungszeichen tragen.
Die Einschränkungen durch die Muslime waren aber in der Bevölkerung nicht etabliert. Viele Araber hatten jüdische Freunde und lebten Seite an Seite mit den Juden. Juden wurden sogar höhere Ämter zugewiesen.
800 Jahre später erhalten sich die Vorwürfe und Gerüchte des Ritualmordes aus Alexandria weiter, obwohl das willkürliche Töten in der Tora verboten ist. Im elften Jahrhundert wird der Antijudaismus, die Ablehnung gegen Personen des jüdischen Glaubens, zum Antisemitismus, der den Juden:Jüdinnen dämonisiert und Gewalt an Ihnen rechtfertigt. Immer öfter werden Gewaltaten an Juden:Jüdinnen in Europa begangen. Sie galten als "Diener des Bösen" und wurden damit zu Sündenböcken für Probleme.
Langsam werden den Angehörigen des jüdischen Glaubens Merkmale zugewiesen, die sie gar nicht besaßen. Es entstand der Mythos von einem Juden mit Hakenase, Bart und Judenkappe. Diese Darstellungen entwickelten sich aus der Idee heraus, Juden und Christen zu unterscheiden. Durch die Initiative des Papstes Innozens müssen Juden:Jüdinnen ein Erkennungszeichen tragen. Einen gelben Ring. Und auch ihre Rechte werden weiter eingeschränkt. Sie durften keine Waffen tragen oder nur noch bestimmte Berufe annehmen, wie den unbeliebten Beruf des Steuereintreibers. Meist waren die für Personen jüdischen Glaubens erlaubten Berufe in Bereichen, bei denen man mit Geld hantieren musste. Der Jude und Geld - dieses Stereotyp stammt aus dieser Zeit.
Als weiterer Schritt wurden die Juden:Jüdinnen aus vielen Ländern ausgewiesen. Und als keine Juden:Jüdinnen im Land vorhanden waren, erlebte die Hexenverfolgung einen Höhepunkt.
Antisemitismus ist demnach nur das Result der Suche nach einem Sündenbock.
Polen wurde zu einem Aufnahmeort für Person jüdischen Glaubens. Aber auch in Polen begann der Mythos des willkürlichen Opferns oder der Verbindung mit Geld zu Juden:Jüdinnen. Und schließlich kam die Pseudowissenschaft der Rassen. Man "definierte" verschiedene Rassen und ordnete diese hierachisch. Die "jüdische Rasse", die mit einer Hakenase dargestellt war, wurde die "Semitische Rasse" gennant. Aus dieser Pseudowissenschaft entstand zum ersten Mal das Wort Antisemitismus.
In Russland fanden Ende des 19. Jahrunderts die Pogrome, auf russisch "Verwüstung", statt. Die Lebensweise der Personnen jüdischen Glaubens, die sowieso schon in ghettoartigen Vierteln lebten, war dadurch zusätzlich mit Angst und Schrecken belastet.
Gab es Gegenwehr?, fragen sich bestimt einige. Ja, gab es! Es hatten sich damals Gruppen gebildet die es sich zum Ziel machten, Juden:Jüdinnen zu schützen, aber diese Vereine hatten nie eine große Reichweite. Im Gegenteil warben nun Parteien mit "liberalem Antisemitismus".
Die Lage wird immer schwieriger. Besonders als diese Parteien an die Macht kamen. Die Juden:Jüdinnen zogen sich immer weiter zurück oder flohen ins besetzte Palästina. Theodor Herzl schrieb:
„Wir haben überall ehrlich versucht, uns der umgebenden Volksgemeinschaft anzupassen und nur den Glauben unserer Väter zu bewahren. Man lässt es nicht zu. Vergebens sind wir treue und an manchen Orten sogar überschwängliche Patrioten, vergebens bringen wir dieselben Opfer an Gut und Blut wie unsere Mitbürger, vergebens bemühen wir uns, den Ruhm unserer Vaterländer in Künsten und Wissenschaften, ihren Reichtum durch Handel und Verkehr zu erhöhen. In unseren Vaterländern, in denen wir ja auch schon seit Jahrhunderten wohnen, werden wir als Fremdlinge ausgeschrien.“
So lässt sich diese Zeit sehr gut wiedergeben.
Innerhalb des 1. Weltkrieges setzten sich die in Russland verbliebenen Personen jüdischen Glaubens in der Revolution ein. Die Sowjetunion setzt als erste Macht den Antisemitismus unter Strafe.
Aufgrund eines gefälschten Polizeiberichtes zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Buch "Die Protokolle der Weisen von Zion" geschrieben. Es ist ein heute noch zu kaufendes Buch, das ein antisemitisches Weltbild darstellt, in dem es eine Weltverschwörung der Juden deklariert.
Führende NS-Politiker bezogen sich darauf in ihren Reden oder um ihre Ideologie zu erklären.
Adolf Hitler ist der führende Mann des Nationalsozialismus, der Hauptschuldige an den ganzen Verbrechen an Juden:Jüdinnen. Die Rassentheorie und die Geschehnisse aus der Geschichte wurden seine Werkzeuge.
Die Verbrechen des 2. Weltkriegs sind unfassbar schlimm. 6 Millionen Angehörige des jüdischen Glaubens wurden ermordet...
Den Widerstandsgruppen gelangen im 2. Weltkrieg wenige kleine Erfolge. Trotzdem waren es wichtige Erfolge.
Als die letzten überlebenden Juden:Jüdinnen aus den Konzentrationslagern befreit wurden, mussten sie ein weiteres Mal um ihr bestehen kämpfen. Ihre Häuser und ihr Eigentum waren schon zuvor von der nicht-jüdischen Bevölkerung übernommen worden. Als Lösung dafür reisen die meisten jüdischen Personen nach Palästina, um einen neuen jüdischen Staat zu gründen. Israel!
Die Sowjetunion ist das erste Land, das den Staat Israel offiziell anerkennt.
Heutzutage sind die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs beinahe 80 Jahre her. Eine lange Zeit. So lange, dass kaum ein Mensch sich persönlich an diese schrecklichen Taten erinnern kann. Doch wie sieht es heute in Deutschland oder sogar in der Welt aus?
Eigentlich sollte man meinen, dass der zweite Weltkrieg gezeigt hätte, was Antisemitismus anrichten kann. Man war der Meinung, dass es so etwas wie den 2. Weltkrieg nie mehr geben konnte. Einen Rückschlag davon erlebte man spätestens 1981, als die Welle von Morton Rhue erschien. In die Welle geht es um ein real durchgeführtes Projekt, in dem eine große Menge junger Schüler:innen zu einer faschistischen Vereinigung wurden. Ausgelöst durch ihren Lehrer, der dieses Experiment durchführte.
Jedenfalls zeigte dieses Experiment, dass Faschismus und Antisemitismus immer noch existiertern. Leider wird er im Moment auch immer mehr und wird deutlich öffentlicher gezeigt. Womit wir an den Anfang dieses Artikels kommen... Es gibt immer mehr antisemitische Gewalttaten, zumindenst in Deutschland. Gerade in den Krisenjahren (Corona-, Energiekrise etc.) wurde die rechte Szene deutlich gestärkt. Denn wenn die jetztige Regierung nicht mit einem Problem zurechtkommt, wählen die Bürger andere Parteien, die sich auch mit diesem Thema auseinandersetzen. Meist sehen dann diese Leute nur eins der vielen Themen, die die Partei in ihrem Wahlprogramm behandelt. Dadurch wählen viele zum Beispiel die AfD (Alternative für Deutschland), weil diese sich zu Flüchtenden stark positioniert und dieses Thema im Moment eine große politische Rolle spielt.
Man übersieht bei seiner Wahl aber oft, was die AfD zum Thema Rechte des Menschens schreibt und so weiter.
Heutzutage muss man auch zwischen verschiedenen Arten des Antisemitismus unterscheiden. Die AfD warnt zum Beispiel immer wieder vor einer Islamisierung Deutschlands und greift dabei den Aspekt auf, das Muslime gegen jüdische Personen vorgehen. Das ist der sogennante muslimische Antisemitismus. Es existiert aber auch der linke Antisemismus sowie der Antizionismus. All diese Arten sind unter den noch jungen Begriff Antisemitismus zusammengefasst und werden durch je eine andere Ideologie gefördert oder gerechtfertigt.
Festzustellen ist: durch Krisen und politische Probleme wählen immer mehr Leute in der ganzen Welt rechte Parteien. Das führt zu einem größern Einfluss dieser Parteien und kann im Endeffekt so ähnlich enden wie im Nationalsozialismus.
Das heißt nicht, dass linksextreme (autonome) Parteien keine genauso große Bedrohung darstellen. Generell ist eine Partei nicht ohne Grund extrem.
Aber Antisemitismus fängt nämlich auch im Kleinen an. Zum Beispiel in Schulen, auch bei uns. Viele kennen die Hakenkreuze, die ab und an Tische oder sogar Wände zieren. Letztens bin ich durch eine Gasse gelaufen, auf deren Wänden mindestens zwölf Hakenkreuze gesprüht waren. Macht das nicht! Genau das ist Antisemitsmus im Kleinen. Genau das vermittelt vielen das Gefühl, dass Antisemitismus oder Nationalsozialismus stärker werden. Je mehr Zeichen es gibt, desto mehr fühlen sich Leute ausgegrenzt.
Ein weiteres Beispiel ist Musik. Besonders im Deutsch-Rap oder im Heavy Metal finden sich immer wieder antisemitische Bands. Wenn man diese Musik hört, unterstützt man diese Menschen dabei, weiter öffentlich antisemitisch zu sein.
Auch wenn es ein Spaß ist, wenn ein Einzelner zum Beispiel antisemitische Witze bringt, stärkt man immer den Antisemitismus. Besonders in der Pubertät kann das Meinungen und Leben beeinflussen.
Antisemitismus wird immer stärker und das hat seine Gründe. Beobachten sollte man das nicht einfach. Denn wenn wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, wie es das Sprichwort besagt, dann sollte man wissen, dass ein Krieg, der dem 2. Weltkrieg ähnelt, keine Sache ist, die noch einmal geschehen sollte. Man kann im Kleinen anfangen. Die Hakenkreuze übermalen oder sich selbst politisch weiterbilden. Oder etwas im großen Sinne bewegen und auf die Straße gehen.
Es kann theoretisch jederzeit wieder eine solche Situation passieren und das gilt es zu verhindern.
Lasse
Dieser Artikel ist von einer Arte Dukomentation inspiriert und nimmt deswegen keinen großen Bezug auf den Holocaust, mit dem man hunderte Artikel in der gleichen Länge wie diesen füllen könnte. Das heißt aber nicht das der Holocaust ein unwichtiges Ereignis ist. Aber aufgrund dessen, das man ihn im Geschichtsunterricht in der Schule ausführlich bespricht, wollte ich hier andere Einblicke in Antisemitismus geben.
Quellenverzeichnis:
Arbeitsdefinition von Antisemitismus - IHRA. (2023, 15. Dezember). IHRA. https://holocaustremembrance.com/resources/arbeitsdefinition-antisemitismus Letzter Zugriff: 12.1.2024
ARTEde. (2023a, Oktober 11). Eine Geschichte des Antisemitismus (1/4) | Doku HD
Reupload | ARTE [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=coZkaG7jWBU Letzter Zugriff: 12.1.2024
ARTEde. (2023b, Oktober 12). Eine Geschichte des Antisemitismus (2/4) | Doku HD Reupload | ARTE [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=ocHGzEMvtEA Letzter Zugriff: 12.1.2024
ARTEde. (2023c, Oktober 13). Eine Geschichte des Antisemitismus (3/4) | Doku HD Reupload | ARTE [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=QS_pyYToVKM Letzter Zugriff: 12.1.2024
ARTEde. (2023d, Oktober 14). Eine Geschichte des Antisemitismus (4/4) | Doku HD Reupload | ARTE [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=Sz3WVe8TIRY Letzter Zugriff: 12.1.2024
Haselrieder, M., Frenkel, B. & ZDFheute. (2022, 21. September). Zunahme von Antisemitismus: „Du Scheißjude“. ZDFheute. https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/frontal-judenhass-antisemitische-angriffe-100.html Letzter Zugriff: 12.1.2024
Zitate. (o. D.). Ausstellung 1948 Web. https://www.1948-web.de/zitate-1 Letzter Zugriff: 12.1.2024
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