„Gehen Norweger eigentlich bei Rot über die Ampel?“
Diese und ähnliche Fragen stellten wir Luna in einem Interview. Sie kam vor zwei Wochen zurück aus ihrem Auslandsjahr in Norwegen und hatte einiges zu erzählen.
Wir: Hallo Luna, kannst du dich kurz vorstellen?
Luna: Ich bin die Luna und ähm... Ich bin in der MSS11 am TGA. Ich komme aus Waldhambach.
Wir: Wie bist du auf die Idee gekommen ein Auslandsjahr zu machen?
Luna: Ich hab in der Zeitung vom PPP gelesen. Das ist ein Vollstipendium vom deutschen Bundestag für Amerika und dann hab ich Lust bekommen auf ein Auslandsjahr. Da hab ich gesehen, dass das ganz cool ist um neue Sachen zu machen, Erfahrungen zu sammeln und ein bisschen Abwechslung zu haben. Also habe ich mich für das Vollstipendium für Amerika beworben.
Wir: Und wie bist du dann auf Norwegen gekommen?
Luna: Naja ich hab das Stipendium leider nicht bekommen. Dann hab ich gedacht, dass Amerika eh ein bisschen langweilig ist. Ich wollte dann irgendwo hin, wo niemand hingeht und hab eben Norwegen ausgewählt.
Wir: Wie war die Coronasituation in Norwegen als du dort warst?
Luna: Viel lockerer als in Deutschland, keine Maske, niedrige Inzidenzen. Ich hatte die ersten drei Monaten Präsenzunterricht bevor es mehr Einschränkungen und Maskenpflicht gab. Gegen Sommer hin diesen Jahres hat es sich wieder gelockert. Die Lage war generell sehr locker. Man nimmt es dort schon Ernst, aber geht eben trotzdem entspannt damit um. Es war immer - im Vergleich zu Deutschland - viel geöffnet.
Wir: Was war die beeindruckendste Sehenswürdigkeit, die du gesehen hast?
Luna: Ich war in Trondheim und da gibt es einen sehr schönen Dom, den niederus Dom. Ich hab jetzt nicht so viele spektakuläre Sehenswürdigkeiten gesehen. Ich war auch in Oslo, da gab den wiegellands Park. Da gibt es sehr viele Skulpturen, das war auch schön.
Wir: Findest du Norwegen gay und was ist die gayste Sehenswürdigkeit in Norwegen?
Luna:OK, ungewöhnliche Frage. Generell ist Norwegen sehr tolerant gegenüber Homosexuellen und die LGBTQIA+ Community hat viele Unterstützer. Natürlich gibt es auch homophobe aber die meisten sind sehr tolerant. Die Einstellung ist „jeder kann machen was er will, solange es niemand anderem schadet“. Diesen Monat (Juni) ist ja Pride Month und da war ich auch nochmal in Oslo und an jeder Ecke hing eine Regenbogenfahne. Außerdem gibt‘s im Schlosspark in Oslo so ‘ne Regenbogenstatur, des ist natürlich auch sehr Gay. Das war vielleicht die gayste Sehenswürdigkeit, die ich gesehen habe.
Wir: Wie ist das Klima in Norwegen und was ist dabei anders als bei uns?
Luna: Also eigentlich wollte ich Erdkunde abwählen, ich geb‘ jetzt keine Analyse über‘s Klima. Aber prinzipiell ist es ja etwas kälter, es wird im Sommer nicht ganz so warm wie bei uns und es fällt viel mehr Schnee. Das heißt: So viel Schnee hab ich noch nie gesehen in meinem Leben. Und wir hatten weiße Weihnachten und waren Schneetauchen. Du kannst dich dann so in den Schnee legen und versinkst dann halt komplett.
Wir: Wow wie cool. Geht man in Norwegen bei Rot über die Ampel?
Luna: Das ist ein ein bisschen kulturelles Phänomen, Oslo ist die größte Stadt in Norwegen und es gibt zwar schon Verkehr, aber immer noch nicht so viel wie in Deutschland. Das heißt Leute sind ungeduldig und gehen manchmal über die rote Ampel. Norweger halten prinzipiell immer wenn irgend ein Fußgänger über die Ampel will, also wenn du am Fußgängerüberweg stehst und gerade vorbeiläufst, dann halten die Autos eigentlich immer an. Das ist schon praktisch und Autofahrer dort sind schon sehr respektvoll gegenüber Fußgängern. Deswegen kann es auch mal sein, dass du über die rote Ampel gehst, weil du keine Angst hast überfahren zu werden.
Wir: Trinkt man in Norwegen eher Kaffee oder Tee?
Luna: Beides würde ich sagen, jeder so wie er will. In meiner Gastfamilie habe ich tatsächlich mindestens zweimal am Tag Kaffee oder Tee getrunken.
Demian (kam zufällig dazu): Wein oder Bier?
Luna: Alkohol ist halt extrem teuer in Norwegen. Du kannst nur Wein oder Bier im Geschäft kaufen, ansonsten musst du in ein extra Geschäft. Norwegen hat natürlich keinen eigenen Wein wegen dem Klima, deswegen trinkt man eher Bier als Wein. Norweger trinken auch seltener, eben weil der Alkohol so teuer ist, aber wenn sie trinken dann richtig.
Wir: Was findest du besser: deutsche Musik oder norwegische Musik?
Luna: Ich war ja auf einer Schule mit Musikschwerpunkt und hab viel gute norwegische Musik kennengelernt, deswegen würde ich momentan eher norwegische Musik sagen. Ich höre auch momentan eher norwegische Musik.
Wir: Was ist denn so typische norwegische Musik?
Luna: In Norwegen - ich kann sehr lange über Norwegische Musik reden wenn ihr wollt - gibt es extrem viele Leute, die Jazz machen oder hören. Das heißt, es gibt guten Norwegischen Jazz, aber auch gute Pop Musiker und so.
Wir: Ist das dann wie deutsche Musik bloß auf Norwegisch? Ist es weniger Rap?
Luna: Es gibt auch Rap zum Beispiel Karpe oder Unge Ferrari, aber der ist nicht wie Deutschrap. Ich mag norwegischen Rap lieber, Deutschrap ist nicht so meins.
Wir: Und wie ist der Metal in Norwegen?
Luna: Norwegen ist ja die Heimat von Black Metal, es gibt so Untergrund Black Metal Szenen in Norwegen, die sind jetzt aber natürlich nicht so groß. Also Black Metal ist schon ein Ding in Norwegen.
Wir: Ok gehen wir mal wieder ein bisschen weg von Musik und stellen dir noch ein paar andere Fragen. Was ist das lustigste Norwegische Wort, das du kennst?
Luna: Bamsemums.
Wir: Was heißt das?
Luna: Ähm... Bamsemums ist ein Kuscheltier
Wir: Achso, generell einfach Kuscheltier oder ein bestimmtes Kuscheltier?
Luna: Also ich glaube es bedeutet Kuscheltier, ich hab mir aber nur Bamsemums gemerkt. Bamsemums ist sehr lustig.
Wir: Was für Schulfächer hattest du in der Schule, weil wir haben ja schon gehört du hattest kein Physik?
Luna: Nein ich hatte kein Physik, zum Glück. Ich war in Norwegen auf der Musikschule. Man kann in Norwegen verschiedene Linien wählen, wo man dann ein Fach vertieft. Also es gibt Musiklinie, Dramalinie oder auch Naturwissenschaften. Aber ich hatte Musiklinie, das heißt ich hatte 15 Stunden Musikunterricht in der Woche.
Wir: Wow 15 Stunden? Krass.
Luna: Ja, mit Musikgeschichte und Instrument spielen und so weiter. Und dann halt noch Norwegisch, Mathe und so normale Sachen.
Wir: Wie unterscheidet sich das norwegische Schulsystem vom deutschen Schulsystem?
Luna: Ich glaube der größte Unterschied ist, dass man mehr auf Augenhöhe mit den Lehrkräften ist und die Autorität von denen nicht so groß ist. Das Verhältnis ist ein bisschen freundschaftlicher, also natürlich respektierst du die, aber du würdest halt mal eher hingehen und sagen:„Hey, kannst du mir helfen mit dem und dem?“ oder „Ich komme grad‘ nicht hinterher...“
Wir: Da gibt es ja auch in der Sprache keinen du-Sie Unterschied. Du duzt ja quasi jeden.
Luna: Ja deswegen ja, Norweger sind dadurch viel mehr auf Augenhöhe.
Wir: Gibt es Sachen, von denen du sagen würdest, die sind schlechter als hier? Oder besser?
Luna: … Gib mir ein bisschen Zeit…
Wir: Zum Beispiel in Sachen Digitalisierung oder so.
Luna: Also Norwegen ist halt mit der Digitalisierung der Schulen sehr viel weiter, das heißt jede*r Schüler*in hat einen eigenen Laptop, was enorm hilfreich ist. Grad in der Coronapandemie waren wir alle eben über Teams verbunden und du kommunizierst halt viel besser. Und wenn du jetzt grad‘ sagst: „Hey morgen ist Homeschooling“, ist das halt kein Problem.
Wir: Wie wird das da gehandhabt mit den Laptops? Also wenn die Schüler*innen die Schule verlassen, müssen die die dann wieder zurückgeben oder wie funktioniert das?
Luna: Des ist oft ausgeliehen, ja. Also ich glaub man kann die auch kaufen, aber die werden meistens geliehen.
Wir: Gibt es eine Sache, die schlechter ist, als in Deutschland?
Luna: Ähmm... Weiß nicht, aber es gibt viele Sachen, die auch sehr ähnlich sind wie in Deutschland. Also Norwegen fühlt sich immer so „Aaahh gute Bildung“ und so, aber es gibt viel, wo Norwegen Deutschland sehr ähnlich ist. Und ich glaube auch gerade in der Schule werden wir in Deutschland besser auf das Studium vorbereitet als in Norwegen.
Wir: Würdest du nach dieser Erfahrung lieber in Norwegen oder in Deutschland leben?
Luna: (lacht)
Wir: Also generell, nicht nur abhängig von Freunden oder Schule. Wenn du all deine Freunde mit nach Norwegen nehmen könntest und umgekehrt.
Luna: Uhhh schwierig... Ich würde alle mit nach Norwegen nehmen, aber ich würde immer wieder gerne nach Deutschland zurückkommen.
Wir: Sprichst du jetzt fließend Norwegisch und...
Luna: Yes.
Wir: ...und wie hast du dich verständigt als du noch kein Norwegisch konntest?
Luna: Bis Weihnachten hab ich mich ziemlich ausschließlich mit Englisch verständigt und ab Januar hab ich dann nur noch Norwegisch gesprochen. Es lernt sich halt super einfach, weil die Sprachen halt sehr ähnlich sind und Norwegisch generell einfacher als Deutsch.
Wir: Kannst du mal einen Satz sagen auf Norwegisch? Also zum Beispiel: „Ich heiße Luna“
Luna: (spricht Norwegisch) Hei! Jeg heter Luna og jeg er søtten år gammel"
Wir: Wir haben auf Instagram die große ausgestopfte Eule in der Pausenhalle gesehen…
Luna: Ja, ich weiß nicht wieso sie da hängt, du musst nicht fragen.
Wir: Ok.
Luna: Übrigens spricht man meinen Namen in Norwegen anders aus, alle haben mich Lüna genannt weil man dort eben u wie ü ausspricht.
Wir: Fandest du das eher blöd oder schön?
Luna: Es war ein bisschen komisch, aber man gewöhnt sich auch ein bisschen daran.
Wir: Würdest du dich angesprochen fühlen, wenn ich dich jetzt Lüna nennen würde?
Luna: Ein bisschen ja (lacht) aber irgendwann haben sie alle gelernt, dass ich nicht Lüna heiße.
Wir: Wir haben jetzt noch zwei Fragen übrig, wovon eine ein bisschen die Kultur betrifft. Hast du etwas über nordische Mythen gelernt oder generell über Norwegische Geschichten?
Luna: Man liest viel, also im Norwegisch Unterricht haben wir auch so alte Sagen gelesen, die dann auf Alt-Norwegisch geschrieben waren. Alt-Norwegisch verstehe ich nicht. Ich hab vielleicht ein bisschen was darüber gelernt, aber ich hab das meiste wieder vergessen.
Wir: Was war allgemein die schönste Situation oder die schönste Erfahrung, die du von Norwegen mitgenommen hast?
Luna: Alles zusammen irgendwie. Auch, dass ich in die Musikklasse gehen konnte oder die anderen Austauschschüler*innen zu treffen, weil wir die das ganze Jahr durch Corona nicht gesehen haben und dann haben wir die an einem Tag getroffen. Und in der letzten Woche hab ich Geige bei einem Musical mitgespielt. Das war auch sehr schön in der letzten Woche sich nochmal zu treffen und zusammen Musik zu machen und so.
Wir: Und noch eine spontane letzte Frage. Was hast du alles aus dem Auslandjahr mitgenommen und würdest du es weiterempfehlen?
Luna: Ja, ich habe viele Erfahrungen gesammelt, viele neue Freunde mitgenommen, ‘ne neue Sprache mitgenommen, ein neues Land mitgenommen, wohin ich gerne wieder zurückkommen würde zum Studieren.
Wir: Also würdest du es weiterempfehlen?
Luna: Also für alle, die sich es überlegen und ein bisschen Angst haben würde ich sagen, dass sie es machen sollten.
Wir haben uns sehr gefreut, dass wir Luna interviewen durften (danke Luna) und einige interessante Sachen über Norwegen gelernt. Zum Beispiel haben wir erfahren, dass man in Norwegen bei Rot über die Ampel kann, dass die Norweger sehr naturverbunden sind und dass im Winter alle Langlaufski fahren.
„Bei dem Austausch lernt man viel über sich selbst und kann super schnell eine neue Sprache lernen. Ich hätte nie so schnell Norwegisch gelernt, wenn ich nicht so mitten in dem Land und in die Sprache reinplatziert gewesen wäre“, erzählt uns Luna zwischen den Interviewfragen. Durch das Interview sind wir neugierig geworden und wollen nun am liebsten selbst neue Kulturen und Länder entdecken, so wie Luna Norwegen entdeckt hat!
Damit ihr einen kleinen Eindruck auf die Norwegische Musik bekommt hat Luna netterweise eine Playlist mit einigen norwegischen/ norwegischsprachigen Liedern erstellt.
Das Interview wurde geführt von Jale und Eva
13.07.2021
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